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Was sonst noch geschah ...

Das sicherheitspolitische Lagebild zum Jahresende

Photos LTR: Spenser/Unsplash; Stephen Johncock/MOD; Russell Watkins/DFID; Cynthia King/DoD. Published under CC and OGL.

USA/Naher Osten – B-52 Bomber am Golf

01.01.2021 – Die USA verlegen B-52 Bomber in die Golfregion, um gegenüber dem Iran ein Signal der Stärke zu senden. Zum Jahrestag des von den USA in einem Drohnenschlag ermordeten General Qasem Soleimani kam es aus verschiedenen Kreisen zu Drohungen von Vergeltungsaktionen. Die USA stellt daraufhin klar, auf jegliche Konfrontation vorbereitet zu sein und entschlossen militärisch antworten zu wollen.

Iran – Tests mit landeseigenem Corona-Impfstoff

31.12.2020 – Der Iran beginnt mit den Testreihen für einen im Land entwickelten Corona Impfstoff. Der Umgang hierzu führte zu einem Streit zwischen den politischen Richtungen im Iran. Die Kritiker sehen den Prozess als nationalen Alleingang und drängen Präsident Rohani dazu, Impfstoffe von anderen Herstellern zu importieren, um möglichst schnell mit den Impfungen beginnen zu können. In der Bevölkerung scheint der iranische Präsident in seinem Kurs jedoch von einer breiten Mehrheit unterstützt zu werden.

USA – Hinweise auf chinesisches Kopfgeld für US-Soldaten

31.12.2020 – Offenbar hat China versucht, nicht-staatliche Akteure in Afghanistan für Angriffe auf amerikanische Soldaten zu gewinnen. Medienberichten nach wurde Präsident Trump von den Geheimdiensten darüber unterrichtet. In der Vergangenheit gab es bereits Berichte von einem solchen Angebot durch russische Geheimdienste. Die Vorwürfe konnten jedoch bisher in keinem der Fälle bestätigt werden.

Afrika – Freihandelszone

31.12.2020 – Zum Jahreswechsel tritt das weltweit größte Freihandelsabkommen AfCFTA (African Continental Free Trade Area) in Kraft. Beteiligt sind bis auf Eritrea alle Staaten des afrikanischen Kontinents. Von dem Wegfall von Zöllen und weiteren Handelshindernissen sowie Standardisierungen in Verwaltung und Fiskalbereich erhoffen sich die Staaten eine deutliche Erhöhung des bisherigen Handelsvolumens von ca. 17 % (zum Vergleich Europa: 69 %). Dies kann als ein wichtiger Schritt für Kooperation, Industrialisierung und letztendlich auch dem Gesamtwohlstand auf dem afrikanischen Kontinent gesehen werden.

Polen – Unifizierung der Medienlandschaft

29.12.2020 – Der polnische Staatskonzern PKN Orlen kauft die Polska Press, welche bisher im Besitz der Verlagsgruppe Passau war. Dieser Kauf bringt eine weitere Verstaatlichung polnischen Medien mit sich, welche sich auch im internationalen Ranking zur Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ widerspiegelt: 2015 belegte Polen den 18. Platz, 2020 ist es nur noch auf dem 62. Platz wiederzufinden. Dies steht in einem starken Gegensatz zu den Werten, die der Europäischen Union wichtig sind.

Syrien – Türkische Muskelspiele in Nordsyrien

23.12.2020 – In den vergangenen Tagen hat die türkische Armee eine kleine Offensive auf die nordsyrische Stadt Ayn Isa gestartet. Dabei sind drei Punkte beachtenswert: Zum Ersten wurden bisher kaum bis keine islamischen Milizen an vorderster Front eingesetzt. Des Weiteren hat sich das russische Militär weitestgehend passiv verhalten. In der Vergangenheit konnten durch Truppenpräsenz und Patrouillen Angriffe unterbunden werden. Und zu guter Letzt sind die Verteidiger sehr stark eingegraben. Aus militärischer Sicht wäre ein Vorstoß im Westen oder Osten der Stadt deutlich erfolgreicher verlaufen. Dieses Vorgehen deutet daher auf eine politische Motivation hin.

Zentralafrikanische Republik – Russische und ruandische Truppen

21.12.2020 – Russland und Ruanda verlegten mehrere 100 Soldaten und schweres Gerät in die Zentralafrikanische Republik. Oppositionelle Milizen haben sich zusammengeschlossen, worin die amtierende Regierung einen Putschversuch sieht . Die bewaffneten Rebellen wollte den Wahlgang behindern. Wahlergebnisse werden im Januar erwartet.

China – Datenbank mit Millionen von KP-Mitgliedern aufgetaucht

15.12.2020 – Bereits 2016 war eine Datenbank mit mehreren Millionen Mitgliedern der chinesischen kommunistischen Partei durchgesickert. Dieser Datensatz wurde im Sommer 2019 an Journalisten weitergegeben, welche die Ergebnisse ihrer Recherche und Prüfung nun veröffentlicht haben. Demnach sollen viele Mitglieder in Schlüsselpositionen in westlichen Institutionen und Unternehmen sitzen. Nicht nur ist dies nach dem offenen Konfrontationskurs Pekings mit dem Westen bedenklich, sondern zeigt einmal mehr die Gefahren von unkontrollierter Datenerhebung.

UN – Budget für 2021 festgelegt

22.12.2020 – Nach den langen Diskussionen um die Finanzierung der UN, welche mit den angedrohten Kürzungen der Trumpadministration sehr intensiv geführt wurden, konnte für 2021 nun ein Haushalt in Höhe von 3,2 Mrd. US-Dollar verabschiedet werden. Dies bedeutet gegenüber dem Jahr 2020 eine leichte Steigerung, hier betrug der Haushalt noch 3,1 Mrd. US-Dollar. Fraglich ist jedoch, ob das ausreicht, um sich den Herausforderungen durch die Coronapandemie zu stellen. Gerade die ärmeren Länder, welche sich keine weitreichende Konjunkturprogramme leisten können und bisher auf Maßnahmen aus dem Katalog des Washington Consensus und strikter Austeritätspolitik gesetzt haben, werden dringend zusätzliche Hilfen aus externen Finanzierungsrunden benötigen. Durch die Bereitstellung von 150 Millionen Euro für den Topf der UN-Nothilfe ist Deutschland Anfang Dezember bereits ein kleines Stück vorgeprescht.

Deutschland – Northstream 2 Abschnitt fertig gestellt

28.12.2020 – Die Fertigstellung der umstrittenen Northstream Pipeline schreitet weiter voran, es wurden ca. 2,6 km fertiggestellt. Damit ist die Verlegung in der deutschen Wirtschaftszone abgeschlossen. Für die endgültige Fertigstellung der umstrittenen Pipeline fehlen noch etwa 100 km.
Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaften von Außen-, Sicherheits-, Energie- und Umweltpolitik der Piraten ist diese Pipeline unnötig für Versorgungssicherheit und stellt ein großes Konfliktpotenzial mit europäischen Partnern dar, mit welchen man hier stattdessen eine gemeinsame Lösung finden sollte.

Äthiopien – Tigray Konflikt

28.11.2020 – Seit der Wahl des äthiopischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträgers Abiy Ahmed wurde die Macht der Tigray Liberation Front immer weiter beschnitten. Die Tigray Liberation Front (TLF) nahm seit 1991 eine Vormachtstellung in der politischen Landschaft Äthiopiens ein. Der neue Präsident beschnitt diese Macht, indem er gegen Unternehmen und andere Machtfaktoren der TLF vorging. Auslöser für den militärischen Konflikt war die Wahl in der Region Tigray, welche trotz der Verschiebung aller Wahlen in Äthiopien in Tigray durch die TLF durchgeführt wurde. Dies wurde zum Anlass genommen, gegen die TLF vorzugehen. Der militärische Vormarsch wurde auch durch Eritrea unterstützt. Dies wurde durch den Friedensschluss Äthiopiens mit dem Diktator Eritreas möglich, welcher ein erklärter Feind der Tigray Liberation Front ist. Mit der Einnahme der Hauptstadt der Tigray Region Mek’ele am 28.11.2020 wurde der Sieg verkündet. Der Konflikt schwelt allerdings weiter und hat viele Flüchtlinge über die Grenze in den Sudan vertrieben.

Weiterführende Quellen zum Tigraykonflit:
Hintergründe (Heise/TP)
Militärische Offensive (Tagesschau)
Zwischenbericht (FAZ)

Jemen – Aktivere Rolle der Türkei

24.11.2020 – Die Türkei verstärkt ihren Einfluss im Jemen und will eine aktivere Rolle einnehmen. Dies erfolgt derzeit durch eine aktivere Unterstützung der Muslim Bruderschaft in der Region, die auch auf der Terrorliste Washingtons steht.

China – Zugriff auf Software amerikanischer F-35 Kampfflugzeuge

13.11.2020 – China hatte Zugriff auf die Steuerungssoftware der Kampfflugzeuge des Typs F-35, wodurch weite Teile der Software umgeschrieben werden mussten um die Oberfläche für digitale Angriffe auf das System möglichst gering zu halten. Die Sicherheitslücke entstand durch eine Weitergabe von Aufträgen an Subunternehmer. Ähnliche Vorfälle gab es auch in Europa bei Airbus. Eine politische Reaktion blieb bisher in beiden Fällen aus.

Nordzypern – Proteste gegen Erdoğan

15.11.2020 – Erdoğan wurde im von der Türkei besetzten Nordzypern von Protestlern empfangen. Er wollte sich provokativ den Feierlichkeiten zu 37 Jahren selbsterklärter Unabhängigkeit Nordzyperns aufgrund der türkischen Besatzung anschließen. Von Teilen der türkischen Zyprioten wird dies jedoch als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten und der Autonomie des Gebietes betrachtet.

Russland – Neuer Marinestützpunkt im Sudan

12.11.2020 – Russland plant einen Marinestützpunkt am Roten Meer im Sudan. Damit verbessert Russland seine strategische Position an einer der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt und seinen Einfluss in Afrika. Eine vergleichbare gemeinsame Europäische Afrikastrategie besteht bisher nicht und wird als eine Schwäche der EU gesehen.

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