Allgemein Außenpolitik Hintergrundbericht

Drei Probleme der Demokratisierung in Pakistan, Teil 1

Dieser Hintergrundsbeitrag wurde von einem Mitglied der Arbeitsgemeinschaft geschrieben und ist keine offizielle Parteimeinung.

Pakistan hat eine lebendige Geschichte. Es wurde 1947  gegründet und in West- und Ostpakistan aufgeteilt. Ostpakistan wurde später 1971 zum heutigen Bangladesh.Für unseren Beitrag möchten wir  näher die Frage beleuchten, warum sich eigentlich nur bedingt demokratische Strukturen bilden konnten. Im Folgenden sollen drei Aspekte hierzu näher beleuchtet werden.Dabei versteht sich der Beitrag nicht als vollumfängliche Analyse, sondern als kurzer Überblick für Leser, welche sich noch nicht mit dem Land in Südasien beschäftigt haben und sich kurz informieren möchten. Teil 2 folgt in den kommenden Wochen.

 

1. Häufige Wechsel der Regierungsform in der Vergangenheit

Ein wichtiger Aspekt, um die Frage zu klären, warum sich nur schwer demokratische Strukturen etablieren konnten, war und ist der Fakt, dass Demokratiesierungsbemühungen seit Gründung 1947 wiederholt durch längere Phasen, in denen das Land von Militärregimen regiert wurde, unterbrochen wurden.

Der folgende kurze Überblick über die Regierungswechsel belegt dies.
Ab 1947 war Pakistan ein in West- und Ostpakistan geteiltes Land, dazwischen lag geographisch Indien. Ostpakistan wurde 1971 dann zum heutigen Bangladesch.

Von 1958 bis 1970 war Pakistan erstmals unter einer Militärdiktatur. Zunächst riss Ayub Khan die Macht durch einen Militärputsch an sich. Sein Nachfolger war General Yahya Khan. Bis 1977 wurde das Militärregime durch die demokratische gewählte Regierung von Zulfiqar Ali Bhutto abgelöst, ehe es erneut von 1977 bis 1988 unter Zia ul Haq zu einer erneuten Militärdiktatur kam. Daraufhin folgte wieder ein demokratisches Intermezzo unter anderem geprägt von Benazir Bhutto, der ersten Frau an der Spitze einer Islamischen Republik. Sie fiel später – genauer gesagt 2007- einem Attentat zum Opfer, nachdem sie als Oppositionsführerin erneut an die Spitze Pakistans strebte. Nawaz Sharif war zudem von 1990-1993 und von 1997 bis 1999 Zeit Regierungschef.(1)

Von 1999 bis 2008 folgte dann eine weitere Militärdiktatur unter Pervez Musharraf, ehe ab 2008 eine weitere demokratische Zeitspanne eingeläutet wurde. Seitdem bestehen zwar wieder demokratische Bemühungen, welche jedoch noch immer brüchig sind.(2)

2. Die Rolle des Militärs

Wie bereits gesehen, ist die Rolle des Militärs eine sehr prägende und vor allem einflussreiche in Pakistan. Insgesamt besteht das Militär aus rund 1,4 Millionen Mann und gliedert sich in Heer, Luftwaffe und Marine sowie seit 1999 das strategische Nuklearkommando (NCA). Neben dem internen politischen Einfluss, der Übernahme von Regierungen, waren die pakistanischen Streitkräfte auch immer wieder in externe Kriege verwickelt. So zum Beispiel in die indisch-pakistanischen Kriege von 1948, 1965, 1971 und 1999 sowie weiteren begrenzten Auseinandersetzungen im bis heute andauernden Kaschmirkonflikt. Seit 1999 besitzt Pakistan Atomwaffen.

Viel wichtiger für unseren Beitrag ist aber der politische Einfluss des Militärs auf das politische System. So hatten beispielsweise die Militärdiktaturen unter Zia Ul-Haq einen sehr umfangreichen Einfluss auf die Besetzung von öffentlichen Ämtern, bei der zum Beispiel oft Militärangehörige bevorzugt wurden. Zudem kontrolliert das Militär weitreichende wirtschaftliche Unternehmen und Strukturen. Dies veranlasste zum Beispiel Nawaz Sharif, eine eigene Armee aufzustellen, als Gegenpol zum Militär. Und nicht zuletzt war das Militär selber lange Zeit in der Regierungsverantwortung.

Da das Land lange unter Kriegsrecht stand und immer wieder vom Militär regiert wurde, konnte es sich als tragende politische Institution etablieren. Folglich ist sein Einfluss bis heute noch immer sehr groß. Besonders ausgeprägt ist dies beim Militärgeheimdienst, der faktisch ein eigener “Staat im Staat” ist.(3)

3. Terror als “Demokratiekiller”

Eine gesunde Demokratie versteht sich auch und insbesondere darin, dass der Staat ein gesundes Mittelmaß an Einfluss in allen seinen Landesteilen hat. Das ist in Pakistan nicht überall so gewesen. Eine besondere Herausforderung für das Politische System waren immer wieder terroristische Vereinigungen, welche teilweise ganze Landstriche unter ihrer Kontrolle hatten und in denen der Staat nur wenig Einfluss besaß. Insbesondere in der unübersichtlichen Bergregion im Nordwesten Pakistans an der Grenze zu Afghanistan herrschte lange Zeit die Taliban. Unter anderem war / ist dort die sogenannte TTP, die Tehrik-i-Taliban, aktiv und hatte immer wieder Anschläge in Pakistan verübt. Die Liste derer ist lang.

Heute hat sich das Gebiet etwas beruhigt, wenngleich interne Quellen davon ausgehen, dass die Gruppierungen immer noch existieren und teilweise auf afghanischer Seite operieren.(4)

Die teilweise fehlenden Interventionsmöglichkeiten des pakistanischen Staates in vereinzelten Landesteilen haben in den vergangenen Jahrzehnten auch dafür gesorgt, dass sich in diesen Gebieten keine demokratische Tradition entwickeln konnte. Und auch wenn der Einfluss der Taliban in den vergangenen Jahren zurückgedrängt wurde, so muss in den entsprechenden Gebieten auf kommunaler Ebene bei der Bevölkerung ein noch recht junges Demokratieverständnis etabliert werden. Das ist bis heute eine große Herausforderung an das politische System.

4. Fazit

Wir haben drei Hauptgründe für die Probleme erkannt, die Pakistan immer wieder auf dem Weg zu einer gesunden Demokratie aufgehalten haben. Mehrfach wechselnde Regierungsform, die starke Rolle des Militärs und des Geheimdienstes, sowie der früher fehlende Einfluss des Staates in einigen Regionen, unter anderem in Teilen des pakistanischen Nordwestens an der Grenze zu Afghanistan.
In den vergangenen Jahren waren einige positive Entwicklungen hin zu einer stabileren Demokratie zu beobachten. Wie nachhaltig das wirklich gelingt, bleibt abzuwarten.

Wir werden Pakistan weiter in einem zweiten Teil beleuchten.

 

Autor
Manuel Feldmann ist Politikwissenschaftler M.A und ausgebildeter PR Referent. Er studierte  Politische Wissenschaft am Institut für Politikwissenschaft der Universität Heidelberg sowie am Südasien-Institut der Uni-Heidelberg Politische Wissenschaft Südasiens mit Schwerpunkt Demokratisierung und Terrorismus in südasiatischen Ländern. Neben Südasien ist er auch spezialisiert auf Kommunikation und PR in der Politischen Kommunikation in den USA und Deutschland. .

Fotocredit: Manuel Feldmann

 

Fußnoten

vgl.u.a. http://www.suedasien.info/laenderinfos/275.html EIngesehn am: 25.6.2020
vgl.u.a.https://de.wikipedia.org/wiki/Pakistan#West-_und_Ostpakistan_unter_Milit%C3%A4rregimes Eingesehn am: 12.6.2020
vgl. ebd.
vgl. hierzuhttps://www.aljazeera.com/news/2020/04/exclusive-ehsanullah-ehsan-pakistan-taliban-spokesman-200403075526508.html Eingesehen am: 22.6.2020

 

 

Quellen und weiterführende Literaturempfehlungen zum Thema

Asad, Hashim (2020):” Pakistani Taliban down but not out, says ex spokesman”. Aljazeera. Online unter: https://www.aljazeera.com/news/2020/04/exclusive-ehsanullah-ehsan-pakistan-taliban-spokesman-200403075526508.html Eingesehen am: 22.6.2020

Sprung, Christoph S. (2001):“ Geschichte seit der Unabhängigkeit“ Online unter: http://www.suedasien.info/laenderinfos/275.html Eingesehn am: 15.6.2020

https://de.wikipedia.org/wiki/Pakistan#West-_und_Ostpakistan_unter_Milit%C3%A4rregimes

http://www.suedasien.info/laenderinfos/276.html

0 Kommentare zu “Drei Probleme der Demokratisierung in Pakistan, Teil 1

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert